Als Selbst-Entwickler© wirksam führen

Als Selbst-Entwickler© wirksam führen

Wer führen will, muss sich selbst führen können. Das wissen wir. Doch wie gelingt erfolgreiches Selbstmanagement? Einer der großen Inspiratoren für meine Arbeit ist der Psychologe und Coach Jens Corssen. Mit seinem Konzept vom Selbst-Entwickler© zeigt er den Weg zu mehr Erfolg im Beruf auf und gibt dafür vier Werkzeuge an die Hand.

Die Selbst-Bewusstheit als ein Schlüssel für mehr Lebensfreude

Der erste Schritt ist, mir meiner Selbst bewusst zu sein. Ich werde zum Beobachter meines Denkens und Fühlens. Dabei merke ich schnell: In manchen Situationen – meist sind es solche, die wir als stressig erleben – schaltet das Gehirn um, und ein automatisches, wiederkehrendes Gedanken-Karussell startet. Diese Gedanken sind meist emotional aufgeladen, verändern unsere Wahrnehmung und dominieren unser Erleben. Wir fühlen uns wie fremdbestimmt, oder sogar als Opfer der Situation. Wir klagen gegen das Leben („das darf doch nicht sein“), wir schimpfen über andere („alles Idioten“) und bedauern uns („ich armes Schwein“).

Corssen beschreibt dieses Gefühl der Fremdbestimmtheit mit der Frage „Was denkt mich?“. Und er zeigt den Weg raus: In den Momenten, in denen ich mir darüber im Klaren werde, dass ich mich hier selbst blockiere, bin ich auch in der Lage, den automatischen Gedanken loszulassen. Dann kann ich eine bewusste Entscheidung für eine andere Wahrnehmung und Bewertung der Situation treffen. Denn es ist nicht die Situation, die uns leiden lässt, sondern die Art, wie wir sie beurteilen. Es geht also um eine veränderte innere Haltung zu dem, was passiert.

Bis Sie das Unbewusste bewusst machen, wird es Ihr Leben lenken und Sie werden es Schicksal nennen.

Carl Gustav Jung

In der Selbst-Verantwortung habe ich immer eine Wahl

Mit dem Refraiming der Situation geht Jens Corssen noch einen Schritt weiter: Es gibt keine Probleme, sondern höchstens Situationen, die ungünstig für die eigenen Erwartungen sind. Die gute Nachricht: Wenn ich mir dessen bewusst bin, bin ich auch in der Lage, Lösungsoptionen zu entwickeln. Dann ist die Situation mein Coach und ich kann sie als Trainingseinheit nutzen: Was ist alles möglich?

Meist gibt es mehrere Alternativen. Vielleicht gefallen sie mir nicht, aber immerhin habe ich die Wahl. Stehe ich zum Beispiel im Stau, kann ich meine Energie darauf verwenden, immer wieder „scheiß Stau!“ zu schimpfen – oder ich kann Handlungsoptionen definieren: Ich könnte mich entscheiden, für eine Pause rechts ranzufahren oder während der längeren Fahrt meinen Lieblingspodcast genießen, verbotenerweise über den Standstreifen rasen oder meinen Termin absagen, um wieder nach Hause zu fahren. Welche Ideen haben Sie noch? Wir haben immer eine Wahl.

Indem ich Verantwortung für mein Handeln übernehme, wandle ich meine empfundene Ohnmacht in eine machtvollere Position und kann etwas tun. In diesem gedanklichen Rahmen sind wir selbstbestimmt und können uns entwickeln.

Wenn ich auf das innere Spiel setze, gewinne ich mehr Selbst-Vertrauen  

Wichtig ist, dass ich mir diese Entwicklung zutraue. Das hängt auch davon ab, wie ich mit mir selbst umgehe. Bin ich besonders kritisch in der Beurteilung von mir selbst? Verurteile ich mich für das, was ich tue, sage oder denke? Das Gefühl des Nichtgenügens wird größer in mir und blockiert mich. Manche haben das schon als Kind gelernt.

Wie können wir nun Selbstvertrauen aufbauen? Corssens Ansatz ist, dass wir zwischen dem inneren und dem äußeren Spiel unterscheiden. Das äußere Spiel kennen wir alle – gesetzte Ziele erreichen, Status aufbauen, Wettbewerb gewinnen, Anerkennung bekommen. Viele hängen ihr Selbstwertgefühl an das Erreichen dieser äußeren Ziele.

Das birgt jedoch Gefahren, denn diese äußeren Faktoren liegen oft jenseits unserer Kontrolle. Dann können wir uns noch so sehr anstrengen, trotzdem „versagen“ in diesem äußeren Spiel und verurteilen uns dafür.

Mehr Zufriedenheit und dauerhafte Stabilität erlangen wir durch das innere Spiel: Hier verabrede ich mit mir selbst, dass ich im Hinblick auf ein Ziel mein bestes gebe. Das ist mein Maßstab. Wenn ich am Ende des Tages zurückblicke, und hier und heute mein Bestes gegeben habe, dann habe ich auch mein inneres Spiel gewonnen. Ich mache die Erfahrung, dass ich mir selbst vertrauen kann. So entsteht Selbst-Vertrauen. Und auch wenn andere das Ergebnis ganz anders beurteilen, weil sie einen anderen Maßstab haben, dann ist das letztendlich deren Problem.

Mit Selbst-Überwindung die innere Freiheit zurückgewinnen

Kämpfen Sie auch manchmal gegen ihren inneren Schweinehund? Die meisten Menschen kennen das. Doch für manche wird die Überwindung des inneren „nein, nicht jetzt“ so groß, dass sie darunter leiden. Sie stehen sich selbst im Weg. Je länger sie die Erledigung hinauszögern, und umso häufiger das „to do“ immer wieder ins Bewusstsein gelangt, umso größer wird die Verpflichtung in ihrer Vorstellung. Unerledigte Aufgaben erfordern ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Energie.

Corssen begegnet dieser Dynamik mit der Ansage „Schmerz – ja, sofort!“. Er rät dazu, Dinge dann zu tun, wenn sie noch klein sind. Denken Sie an die Steuererklärung: Wenn ich sie zu lange herauszögere, bleibt zwar der Umfang gleich, doch irgendwann ist der Punkt erreicht, dass ich sie jetzt sofort machen muss oder sogar Mahngebühren dazukommen. Oder nehmen wir Zahnschmerzen: Gehe ich beim ersten Schmerz zum Arzt, verhindere ich im besten Fall eine schlimme Zahnwurzelentzündung. Wenn ich Dinge sofort angehe, dann sind sie immer noch nicht schön – aber ich tue es trotzdem, weil ich mit Blick auf die möglichen Folgen mein Handeln abwäge.

Wenn ich mir meiner selbst bewusst bin, kann ich mich entwickeln

Es geht nicht darum, mit allem zufrieden zu sein, was einem das Leben so präsentiert, sondern darum, keine Energie zu verlieren, indem ich über eine ungünstige Situation klage. Vielmehr kann ich  mit der gesparten Energie zur Veränderung und Zielerreichung beitragen.

Jens Corssens Konzept des „Selbst-Entwicklers©“ hilft, unsere Potenziale zu entwickeln, die Opfer-Rolle zu verlassen und zur „Eigen-Macht“ zu gelangen. Erkennen wir, dass nicht andere uns traurig oder ärgerlich machen, sondern wir durch unsere eigenen enttäuschten Erwartungen diese negativen Gefühle erzeugen, können wir wieder selbst unsere seelische Befindlichkeit bestimmen. Die Bewusstheit über das eigene Denken und Tun,sowie die möglichen Konsequenzen bieten uns die Möglichkeit, uns zu verändern.

Mit diesem Wissen um uns selbst sind wir auch in der Lage, andere zu führen.

Jens Corssen hat seinen Ansatz im gleichnamigen Buch „Der Selbst-Entwickler©“ ausgeführt. Ich empfehle die Hörbuch-Version, in der Corssen seine Ideen persönlich erläutert – sehr eingängig und mit Leichtigkeit.