Arbeitswelt im Wandel

Arbeitswelt im Wandel

Die Arbeitswelt steht vor einem nachhaltigen Kulturwandel. Alte Denkmuster und Verhaltensweisen brechen auf, junge Menschen sehnen sich nach mehr Menschlichkeit und Sinn in ihrem Arbeitsumfeld. Wie gehen wir mit dieser Herausforderung um? Wie gelingt der Wandel von der Ressourcenausnutzung hin zur Potentialentfaltung? Worin liegt der Sinn unseres unternehmerischen Handelns und wo bleibt der Mensch dabei?

Veränderung beginnt in der Krise

Der Film „Die stille Revolution“ zeigt eine sehr eindrucksvolles und inspirierendes Spiegelbild der sich wandelnden Arbeitswelt. Er basiert auf der Geschichte des Unternehmers Bodo Janssen, der in jungen Jahren die Firma seines Vaters übernahm. Nach dem Wechsel auf dem Chefsessel lief es überhaupt nicht rund – die Mitarbeitenden waren unzufrieden, hohe Fehlzeiten belasteten das Arbeitsklima, die Kündigungen wurden mehr. Eine Mitarbeiter-Befragung ergab, dass die Angestellten den Führungsstil ihres Chefs als miserabel bewerteten und ihn lieber heute als morgen loswerden wollten. Bodo Janssen war erschüttert. Ihm wurde klar, dass die Führung seines Unternehmen tiefgreifend verändert werden musste.

Führung beginnt bei uns selbst

Um eine neue Perspektive auf seine Firma zu gewinnen, ging Janssen ins Kloster und bat Benediktinermönch Pater Anselm Grün um Rat. Dieser lehrte ihn bei zahlreichen Besuchen im Kloster eine völlige neue Sichtweise auf das Miteinander von Menschen. Im Dialog mit dem Benediktinermönch gewann Janssen eine neue Haltung und entwickelte ein neues Verständnis von Führung: Wer mit sich selbst im Reinen ist, kann gemeinsam mit anderen eine Vision für das gesamte Team entwickeln. Bodo Janssen krempelt das Unternehmen komplett um. Auch sein Führungsstil veränderte sich. Statt sich ausschließlich am Profit zu orientieren, begegnete Janssen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Augenhöhe und gab ihnen möglichst viel Freiheit, Ihre Arbeit selbst zu gestalten. Heute bedeutet Führung für ihn, die Mitarbeitenden innerhalb des Unternehmens zu stärken und sie dabei zu unterstützen, ihre Potentiale zu entfalten. Das klingt alles sehr vielversprechend. Doch ist es realistisch?

Wir sollten aufhören zu glänzen und anfangen zu leuchten.

Michael Buttgereit

Den Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen

Bodo Janssen und Dunja Rose
Beim Workshop mit Bodo Janssen im Kloster Münsterschwarzach.

Im letzten Jahr habe ich bei einem Workshop mit Pater Anselm Grün und Bodo Janssen einige seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennengelernt. Natürlich war ich neugierig, „wie es tatsächlich läuft“. In dem Film „Die stille Revolution“ kamen viele von ihnen zu Wort. Sie berichteten von anfänglichen Irritationen, einem „erst zurechtfinden müssen“. Eine so tiefgreifende Veränderung im Unternehmen erfordert Mut und die Bereitschaft auf Seiten der Führungskräfte genauso wie bei den Mitarbeitenden. Schließlich ging es darum, auch die vertrauten Rollen hinter sich zu lassen. Doch das neue Miteinander kam gut an:  Alle, mit denen ich sprach, waren ausgesprochen zufrieden mit ihrer Arbeit. Sie berichteten mir von individuellen Gestaltungsspielräumen, eigenverantwortlichem Arbeiten und einer tollen Zussammengehörigkeit in den Teams. Immer wieder entstehen neue Inspirationen, die dann gemeinsam besprochen und ausgestaltet werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzen die Gestaltungsräume für die Optimierung von Abläufen und realisierten Ideen, die zum Teil auf Kundenwünschen basieren und einem teamorientierten Miteinander. Was nicht rund läuft, wird als Möglichkeit zum Lernen genutzt und als solches auch von der Unternehmensleitung getragen. Vermeintliche Fehler dienen dem kontinuierlichen Lernprozess und der Verbesserung der Qualität.

Zur Selbstbestimmtheit gehört auch Mut

Natürlich gab es auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen die neue Kultur im Unternehmen nicht gefiel. Vor allem Führungskräfte, die sich selbst in einem eher hierarchisch orientierten Umfeld wohlfühlten. Es waren nur wenige und sie verließen das Unternehmen schon sehr schnell, nachdem der Wandel begonnen hatte. Alle anderen sind geblieben. Viele von ihnen aus Überzeugung. Die Kündigungsraten sind drastisch zurückgegangen, der Krankenstand ist heute minimal. Auf jede offene Stelle bewerben sich jetzt fünf mal so viele Menschen wie früher. Auch wirtschaftlich hat es sich für den Unternehmer ausgezahlt: Die Umsätze haben sich mehr als verdoppelt (das war vor Corona).

Wenn ich mich statt einer Behauptung dazu überwinden kann, eine Frage zu stellen, wird sich die Anzahl der Konflikte reduzieren und die meiner Freunde erhöhen.

Bodo Janssen

Stark in stürmischen Zeiten

Bodo Janssen und Pater Anselm Grün haben über ihren Austausch zum Thema Führung und den Umgang mit Krisen ein gemeinsames Buch herausgegeben: „Stark in stürmischen Zeiten – Die Kunst, sich selbst und andere zu führen.“ Sie zeigen darin Wege aus der Krise auf und stellen dar, wie wichtig Verbundenheit, Offenheit und gemeinsame Ziele für ein gelingendes Miteinander sind. Zentral dabei ist die Selbsterkenntnis.

Wie gelingt es, menschlich zu führen?

Den Film DIE STILLE REVOLUTION von Regisseur Kristian Gründling gibt es auf DVD. Darin kommen neben Bodo Janssen und Pater Anselm Grün führende Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft zu Wort, u.a. der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther, Götz W. Werner (Unternehmer), Thomas Sattelberger (Personalvorstand a.D.Telekom), Wolf Lotter (Mitbegründer brandeins) und Werner Tiki Küstenmacher (simplify Methode). Hier ein kleiner Vorgeschmack. Viel Spaß beim Gucken.